Bücher 2006

Donnerstag, Dezember 21, 2006

An-Ski: Der Dibbuk

Die Folge jüdisch bestimmter Bücher wird immer mystischer, eigentlich folgt darauf die Kabbalah und Sholem, der hier das Vorwort geschrieben hat. Dibbukim sind in der Regel Seelen der ruhelosen Verstorbenen, nicht Dämonen/Teufel etc. Sie sind nicht das Böse, ihre Bedürfnisse entspringen Erlebtem (das Handeln der ganzen Familie), aber sie gehören nicht in den Körper eines Lebenden.

Michael Wex: Die Abenteuer des Micah Mushmelon, kindlicher Talmudist


Jüdisch ohne Shoa! Fantastisch direkt komisch ohne Humor-Gewalt. Großartig absurder Einfallsreichtum.

Sonntag, Dezember 17, 2006

Don Casimero

Buch zur Trickfilm-Sendung in Holland.

Gedächtnis

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Donnerstag, November 23, 2006

Michael Chabon: The Amazing Adventures of Kavalier & Clay

Es berührt fantastische Mengen, ich möchte Comics lesen und das Jüdische erfrischt mich, die Mutterfigur hinreißend, v.a. am Shabbes-Dinner. Die Zauberei fasziniert mich erstmals (dazu passt der aktuelle Film "Prestige") und den Prager Golem habe ich wegen seines leichten Lehms, seiner traurigen Geschichte und seiner erzählten Überlieferung eh sehr gern. Hauptcharaktere selbst lange comichaft, dafür etwas zu lang. Sehnsuchtszerissheit halte ich kaum aus (die verglichen mit Joes Tragik fast Nebenbei-Geschichte um Tracy Bacon zuviel).

Donnerstag, Oktober 26, 2006

Hölderlin: Gedichte

Gelesen von Bernt Hahn mit unabhängig vom eigenen Alter mittelalter Stimme, die bei tiefem Charme Distanz bewahrt.

Die Musik überspringe ich ungeduldig und lösche sie beim Import auf den Computer. Ich kannte Hölderlin gar nicht und bin überrascht von der Anlehnung an die Natur in jedem Bogen empfindsamer Verehrung. Dazu griechische Sagen, Götter, der Äther. Vögel als Freie und in Sehnsucht zu Beneidende, von oben besänftigt Blütenstaub. Feine Sprache und Rhythmik, das ist fast peinlich zu schreiben, weil es so offensichtlich ist.
Es ist das Gegenteil der Postmoderne und allein deswegen sollte man sich dem aussetzen.

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Dienstag, Oktober 10, 2006

Zeit Klassik: Yehudi Menuhin

Menuhin spielt die Stücke für mich ganz ungewohnt, gerade so viel Abweichung, dass ich gebannt hinhöre. Mir schient, dass er manche Details nicht deutlich ausspielt, um mehr Gefühl zu betonen. Das ist mir ein bisschen peinlich.
Peinlich ist mir genau in diesem Zusammenhang auch, dass ich glaube zu hören, was manche damit meinen, er habe sich von seiner Krise als Jugendlicher technisch nicht erholt. Er ist als Person und insgesamt musikertypisch bewundernswert. Vielleicht kommt es von der vielen Überwindung zum Üben, für das intrinsische Motivation nicht nur Voraussetzung sondern vielleicht wie ein Trainingseffekt auch Folge ist.

Mittwoch, Oktober 04, 2006

Lethen: Verhaltenslehren der Kälte

Abschnittsweise macht es mich leicht - möglicherweise auch, weil diese Abschnitte sich von den anderen durch Verständnis abheben - und ich folge gerne den artfremden Gedanken - diese Studien sind doch weit weg von meinen Arbeitsexten. Sobald er auf seinen eigenen Hintergrund Bezug nimmt, verliert er mich. Ich überlege, ihm zu schreiben, im Internet sieht er fürchterlich nett und gescheit aus. Dann überlege ich es mir anders und lege das Buch beiseite. AZ wollte, dass ich es paralles zu Blanchot lese, das Scheitern tut mir etwas leid.

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Freitag, September 01, 2006

Blanchot: Der letzte Mensch


Das ist mein Buch.
Personen- und Beziehungsbeschreibungen konstant keine Farbe, keine musikalische Dynamik. Unbestimmt, flächig undeutlich. Identifikation erzwingend. Dann wieder punktuell so präzise, dass die Identifikation sich innerhalb der Personen ständig verschiebt.
Das ist mein Buch in verschiedenen Richtungen. Ich lese hochidentifizierend Passagen, nicht Personen - und so muss ich mein eigenes Buch gestalten.
Projizieren nur Menschen mit Sehnsüchten? Bisschen wie Wendeltreppe ohne Sicht und im zweiten Teil durch die direkte Ansprache immer dichter, Spannungszunahme, die nirgends hin führt. Blanchot die konsequente Weiterführung der Auflösung der Spannungs-Bogen-Narration nach Proust.

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Mittwoch, August 02, 2006

Ausweitung des Durcheinanders

Nach einem weiteren Hinweis aus Raum 244 (erst Edgar, dann Moritz), auf die Textlastigkeit will ich alles kürzen. Aber auch aufhören zu lesen. Ist Quatsch, erlebt man doch nichts. Obwohl AZ bleicher und magerer war, als er noch andere Dinge tat außer Lesen und Schreiben.
Vielleicht auch konsequent Genre-Wechsel in den Lese-Algorithmus einbauen.
Habe das Gefühl, ein Buch wirft noch mehr fragmentarische Ambivalenz in den unverschließbaren Kopfraum. Ich verweigere das Lesen, aber das ist sehr unbefriedigend, wenn es niemand merkt oder schlimmer noch, es -
Ich schaue Filme und werde heiraten.

Donnerstag, Juli 27, 2006

Greg Egan: Axiomatic

Versuch, neben Hochzeitstamtam an Kurzgeschichten, die mir Markus F geschickt hat, bzw. seine Mutter. Virtuell Neuro. Sie sind so unangenehm seltsam, dass ich es kaum aushalte und sie W gebe.

Mittwoch, Juni 14, 2006

Detlef B. Linke: Religion als Risiko

Professor Linke, verewigt auf archivierten WADA-Videokassetten in Bonn, ist kürzlich an einem Hirntumor gestorben. Mich erschreckte eine geschwollene Gesichtshälfte und die Ruhe, mit der er jedem die Hand gab. Nach einem Monat und 60 erkämpften Seiten breche ich das mühsame Unterfangen ab.
Ich kann seinen Assoziationen wenig gut folgen. Wo sie mir offen liegen, scheinen mir die einfachen Zusammenhänge künstlich durch Worte verkompliziert. Wo sie mir nicht nah sind, fehlt mir die Explizierung. Außerdem finde ich den wiederholt in Klammern gesetzten Inhalt, ein Psychoanalytiker hätte mit demunddem seine wahre Freude, schon beim Lesen peinlich.
Behaltenswert auf jeden Fall der Hinweis auf die Problematik der Umerziehung von Linkshändern: Osama bin Laden sei in der amerikanischen Fahndungsakte als Linkshänder ausgewiesen und Adolf Hitler sei möglicherweise ebenfalls Linkshänder gewesen (geringere Häufigkeiten in arabischen Ländern wird auf geringere gesellschaftliche Akzeptanz der Linkshändigkeit zurückgeführt). Und jetzt? Prof. Linke keine eher keine lauteren Vorsätze nach einem Besuch von Methodenlehre, Deduktion, Karl Popper...

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Freitag, Juni 09, 2006

Carl Stephenson: Leiningen versus the Ants

Wegen meiner Vergesslichkeit zwischen den Buslesesequenzen schiebe ich eine Kurzgeschichte ein. Ein wanderndes Buch (www.bookcrossing.com), das ich wegen seines orangenen Umschlags mit großen schwarzen Ameisen mitgenommen habe. Carl Stephenson hat zwischenzeitlich in Deutschland gewohnt, das ist aber völlig unerheblich.
Das Thema interessiert mich wenig (Bedrohung der Menschen durch in diesem Falle eine riesige Armee von daumengroßen Ameisen), geschrieben ist es mittelmäßig und mir fällt ein, dass ich die einer Kurzgeschichte zwangsweise innewohnende Erzählstruktur überhaupt gar nicht mag. Aber für die Busfahrt war es genau das Richtige.

Mittwoch, Mai 03, 2006

Safran Foer: Alles ist erleuchtet


Geschenk von Nadja, richtige Größe für die Tagung in Strassburg und meine Handtasche.
Die Geschichte ist verschachtelt und ich komme kaum und vor allem nur kurz zum Lesen und habe dann Erinnerungsschwierigkeiten. Ständig muss ich Blättern oder verzichte auf Verständnis. Angenehm jüdisch und besser als der Film.

Montag, April 24, 2006

T.C. Boyle: Wassermusik

Ein klassischer "good read", geliehen von W. Großartig unterhaltsam und einfallsreich. Fantastisch die Szene im Boot mit dem Parasiten im Körper, den man durch Aufrollen auf einem Stock über Tage herausziehen muss und den man auf keine Fall abreißen darf - denn bleibt der Kopf drinnen, stirbt man an langsamer Verfaulung.

Freitag, April 21, 2006

Peter Carey: Wrong about Japan. Eine Tokyoreise


Reise mit Sohn nach Tokyo um hinter die versteckten Zeichen (S. 123) zu kommen. Aber die interviewten Manga- und Animé-Spezialisten stehen vor dem Dahinter und rühren sich nicht. Im Ghibli-Studio treffen sie den größten (Hayao Miyazaki) zufällig und ohne Dolmetscher. Gemeinsames Bestaunen und Belachen des jungenhaft Gezeigten verbindet erstmals. Und nur ein späterer Brief einer anwesenden wohlwollenden Japanerin enthüllt, dass alle Antworten der Reise in den unverstanden geglaubten Sätzen des Großen liegen (S. 137).

Alle Manga-, Animé und Buchtitel sowie japanischen Begriffe sind kursiv gesetzt, das ist sehr praktisch, man kann versuchen sich parallelzubilden. Wie eine ausführlich kommentierte Bibliographie. Angenehm, dass unterschiedliche Erklärungen von "otaku" unabhängig voneinander auftauchen und bestehen.
Die Entdeckungsreise Vater & Sohn bleibt eine amerikanische (auch wenn er Australier ist und - sicher gewollt - so gar nicht Roland Barthes zitiert): mit Abstand (zurück) distilliert ihre Reise zu "Echt Japanisch", wie sie es gesucht aber nicht gefunden haben.

Montag, März 27, 2006

Karl Marx & Friedrich Engels: Manifest der Kommunistischen Partei

"Ein Gespenst geht um in Europa..."

Das eigentliche Manifest macht nur ein Drittel des kurzen Buches aus, außerdem noch viele Vorworte, Grundsätze und ein Kölner Flugblatt. Mich wundert die Kürze des eigentlichen Manifestes, ich hatte mit dicken Bänden gerechnet. Mal abgesehen von dem Wissen um die Umstände, verrät die Sprache - vor allem vereinzelte Ausdrücke - die Zeit der Entstehung.

Klassisch dreigliedrig mit knappen Absätzen, die beim Vorlesen eine Atem-Schrei-Einheit der Zeit bilden könnten:
I. Bourgeois und Proletarier: kleine geschichtliche Herleitung gesellschaftlicher Verhältnisse (Sozialgeschichte in Klassenkämpfen). Interessant sind die positiven Errungenschaften der Bourgeoisie (Aufstieg nach Verdrängung der Aristokratie), deren Untergang in Europa nicht eingetreten ist. Sätze über Kommunikation/Globalisierung könnten aktuelle Presse sein, auch wenn die Auswirkungen andere sind.
II. Proletarier und Kommunisten: Forderungen und Verteidigung gegen Anklagen, der Ton wird verzweifelter/lauter, endet mit erstmals konkreten Forderungen in zehn Punkten, im letzten enthalten die unentgeltliche Erziehung der Kinder und Abschaffung der Kinderarbeit!
III. Übersicht über den Kommunismus in europäischen Ländern (nicht sehr interessant).

"...Proletarier aller Länder, vereinigt euch"

Montag, März 20, 2006

Savannah College of Art and Design: Senses. Sequential Art Anthology


In Berlin von WM zum 14.-16. Februar (aus dem Groben Unfug).
Nicht immer sehe ich den Zusammenhang zu den fünf Sinnen, manchmal zu gewollt weit hergeholt. Zeichnungsart, Geschichtenführung und Qualität sehr unterschiedlich. Macht Spaß zu lesen, "kurzweilig"; jedoch die bei Kurzgeschichten übliche Unbefriedigung beim Zuklappen.

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Sonntag, Februar 19, 2006

Identity Crisis #1

kann wegen des Hustens nicht schlafen ... und suche eine Ausrede, das Sachbuch zu umgehen...

Die Superhelden sind gealtert und die Ehefrau eines Mannes mit aufgedeckter Identität wird ermordet. Watchmen war einer meiner ersten Comics und kommt mir vor wie die Übervater-Version einer solchen Geschichte. Anscheinend geht diese Art auf Frank Millers gealterten Batman zurück, mit der dieser (Batman, nicht Miller) seine verlorene Popularität wiedergewonn (lt. AZ). Obwohl ich die Figuren nicht kenne und mir sicher alle Anspielungen und Scherze entgehen, will ich unbedingt sofort das nächste Heft lesen.

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Samstag, Februar 18, 2006

.diane arbus. An Aperture Monograph


Großartige Bilder!
Man müsse spezifisch werden, um allgemein zu sein.
Habe ich mir im modernen Antiquariat bei Bouvier gekauft, weil ich die Ausstellung in London verpasse.

Freitag, Februar 17, 2006

W.H. Calvin & G.A. Ojemann: Einsicht ins Gehirn

Von Alena.
Die Autoren führen aus Calvins Sicht durch die präoperative Abklärung und Operation eines bestimmten Patienten. Es passt also. Das meiste ist mir nicht neu, dort ermüden mich die ausführlichen Erklärungen. Gleichzeitig erwarte ich dort und bei mir Neuem mehr erklärende Details. Eben ein gut lesbarer Überblick im Frage-Antwort-Stil mit schlechter Zielgruppen-Ausrichtung: zu unspezifisch für Fachpublikum und für Laien setzt es viel neurologisches und -anatomisches Wissen/Vokabular voraus ohne genügend auf die angedeuteten philosophischen Fragen einzugehen.
Habe einen Brief an den Verlag geschrieben mit den entdeckten Fehlern: "üblicherweise rechts- statt linkshemisphärische Sprache"; "Brenda Milner, der" dies und jenes getan hat und noch ein paar Kleinigkeiten.

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Donnerstag, Februar 16, 2006

Wolverine: Origin I- VI








Im Zug, Rückfahrt von Berlin. Gefällt mir gut, ich ärgere mich über das tragische Ende, das so platziert daherkommt. Aber Wolfgang sagt, das sei wichtiger Bestandteil der tragischen Geschichte Wolverines ohne Erinnerung und Anknüpfungspunkte.

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Dienstag, Februar 14, 2006

Kishon: Drehen Sie sich um, Frau Lot

Angelesen, aber nach vierzig Jahren (erschienen 1964) ist es unerträglich, Geschichten zu lesen, in denen Israelis zwar wahnsinnig, aber doch liebenswert sind und dass man bei aller Schärfe auf die Errungenschaften stolz sein kann.
Am besten gefallen mir daher die Autorenbeschreibung und die Fußnoten, die ich auch sämtlich gelesen habe, z.B. dass es nach oberflächlicher Analyse 680 Bedeutungen für "nu" gibt.

Sonntag, Februar 12, 2006

André Gide: Der Immoralist

Gleich am Anfang dachte ich, er droht damit, dass er später Männer lieben wird. Später fürchtete ich mich für die kleinen Jungs vor ihm. Am Ende ist das Entlarvte in seiner zum antizipierten Schleimkoloss relativen Harmlosigkeit enttäuschend.

Insgesamt kommt mir die Geschichte vor, als gäbe es davon eine Urform (gab es nicht demletzt - 2005 - ein Buch mit derselben déjà-lu-Geschichtenwirkung?): Ehepaar fährt in den feuchten Süden (der dunkle oder schwarze Kontinent) und nach einem einschneidenden Ereignis (hier die Schwindsucht) brütet und schwitzt einer der beiden absehbar erschreckende Abarten aus, der andere leidet - jedenfalls tragische Entfremdung. Diese (Abarten) ruinieren dann die bisherige und geschätzte gesellschaftliche Stellung. Möglicherweise muss zur Steigerung der Dramatik der "unschuldige" Partner sterben.
In der Summe bewirkt es, dass es nach dem Zuschlagen des Buches vorkommt wie ein handwerkliches Übungsstück: Der Autor führt gekonnt vor, wie man unangenehmste Antizipation erzeugt und sie mit jedem Szenenwechsel weiter steigert. Für die Zeit des Lesens hat der Autor mich leicht Beeindruckbare im Griff, danach war ich etwas ermüdet und froh um den Beginn des nächsten Buches.

Montag, Januar 09, 2006

Zeit Wissen: Sprache lernen


Ich habe hinten angefangen zu lesen. Gut unterhaltsam...
Albinos haben eigentlich einen Überlebensnachteil, weil niemand mit ihnen spielen will und sie als Beute schneller sichtbar sind...
Den Vulkanartikel konnte ich nur querlesen, der hat mir Angst gemacht, dafür lese ich gerne Interviews mit toll aussehenden Philosophen wie Fernando Savater.

Der Artikel über Sprachentwicklung hat mich nicht so erhellt - und Martin L. auch nicht.

Schicke es Wolfgang zu seiner hoffentlichen Freude...

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Zeit Geschichte: Mozart


Die Geschichte von Lorenzo Da Ponte ist grandios: eine jüdische Familie, vom Vater zum Katholizismus konvertiert, später Priester und Professor im Priesterseminar, "bevor er wegen freigeistiger Schriften sein Amt verlor." Dann Theaterdichter, vor allem für Salieri und Mozart. Heirat mit einer Jüdin, sie ziehen nach London und dann New York. "Seine Abkehr vom Judentum bezeichnete er als den einzigen großen Fehler seines Lebens".

Ich habe alles gelesen, das Rätsel hinten gelöst und die Lösung gleich eingeschickt, schließlich gibt es ganze drei Preise zu gewinnen, von denen mir nur der erste und letzte gefallen.

Ich verehre seinen Einfallsreichtum und die Arbeitswut und Sir Simon Rattle gibt zu bedenken, dass wir Mozarts Musik zu gut kennen, zu dicht davor stehen.

Und außerdem finde ich, dass im Film von Milos Forman Joseph II. frappierende Ähnlichkeit mit den verschiedenen Bildern von Mozart hat: die hervorstehenden Augen mit den weißen, dicklichen Ringen darunter, die speckig weißen Wangen mit den unterfütterten Mundwinkeln und die lange Nase!

...mag ich, mag ich nicht

Diogenes Verlag, aus deren Hausblatt.

Erstaunlich, wieviel Mühe in die Grenzziehung der Identität gesteckt wird. Weiterhin erstaunlich, dass Autoren, deren Listen freundlich erscheinen, Bücher schreiben, die mich überhaupt nicht interessieren. Umgekehrt schwer zu sagen, weil ich viele Autoren nicht kenne, jedoch - zwei Männer hintereinander sind miese Chauvinisten und ich fürchte antizipatorisch, dass mir ihre Bücher gefallen würden.

Sonntag, Januar 01, 2006

Thomas Wolfe: Schau heimwärts Engel

Griffig, saftig und ein wenig schwülstig, blumig bildreiche Sprache ohne kitschig, platt oder aufdringlich originell zu sein. Seine fantastisch erdigen Speisenbeschreibungen machen mir großen Hunger auf solchen Genuss.
Präzise Schilderungen, manches überschlagend, manchmal verweilend, aber nicht alle Fäden müssen in einer vorbereiteten Pointe enden, sondern es sind Szenen, deren Aneinanderreihung sich aus dem Erlebten der Figuren als eine Auswahl von Geschehnissen aus dem großen Zufalls-Teich ergibt (wie es eigentlich zur Form einer dokumentarischen Erzählung gehört).
Nur, eine Schriftgröße von 11pt ist zu klein! Vor allem für ein Buch, das man nicht schnell liest und das dabei noch 700 Seiten hat.

Er kommt immer wieder auf Bilder mit warmer frischer Erde. Tim Burtons Filme wirken, als hätte er sich die dampfend süß schweren Bilder einverleibt.

23.1.06
Das Buch kommt. Ab 300 Seiten ist es besser lesbar, mehr Dialoge und abwechslungsreichere Sprachstilfolgen. Warum das wohl so oft so ist? Autoren sollten nicht chronologisch schreiben...oder Leser nicht vorne anfangen.
Der kleine Eugene kommt in die Pubertät, fühlt sich anders, kann sich beim Mannschaftssport nicht integrieren, ist verträumt, melancholisch und beobachtend... ohje ... ich erinnere mich durchdringend an das Gefühl, ein Kind und anders zu sein.

9.2.06
Gestern abend 50 Seiten partiell quer gelesen oder übersprungen, damit ich das dicke Buch nicht auf der Hinfahrt nach Berlin auslese und dann herumtragen muss. Am Abend vorher hat mich Bens Tod so unglücklich gemacht, dass ich ein bisschen weinen musste und nicht schlafen konnte. Ben ist eine zart traurige Figur, er ist wunderbar, zurückgezogen und bekommt keine Gelegenheit sich auszufalten. Viele der Figuren sind sehr vielschichtig geworden, weil sie durch die Erzählmethode, einzelne Ereignisse zu schildern, eine Geschichte haben, die man als Leser schon nicht in jedem Detail erinnert. Es werden nicht die Eigenschaften benannt und aufgezählt, sondern entwickelt. Das wirkt sehr großzügig.
Das Ende ist wie die Reprise einer live dirigierten Sinfonie, die Stimmen kommen zusammen und das Thema (gegenseitige Beeinflussung von Ereignissen; große, von uns übersehene Zusammenhänge*) erstrahlt abschließend pompös und gleichzeitig bescheiden verabschiedend.
*erste Seite, taucht wieder auf: "Der Same unseres Verfalls wird in der Wüste blühen, am Fels wächst das Heilkraut, und unser Leben wird von einer Hure aus Georgia heimgesucht, weil ein Londoner Taschendieb ungehenkt blieb. Jeder Augenblick ist die Frucht von vierzigtausend Jahren. Die minutenerntenden Tage summen wie Fliegen heimwärts, dem Tod entgegen, und jeder Augenblick ist ein Fenster, das auf die Zeit hinausweist."