Bücher 2006

Sonntag, Februar 12, 2006

André Gide: Der Immoralist

Gleich am Anfang dachte ich, er droht damit, dass er später Männer lieben wird. Später fürchtete ich mich für die kleinen Jungs vor ihm. Am Ende ist das Entlarvte in seiner zum antizipierten Schleimkoloss relativen Harmlosigkeit enttäuschend.

Insgesamt kommt mir die Geschichte vor, als gäbe es davon eine Urform (gab es nicht demletzt - 2005 - ein Buch mit derselben déjà-lu-Geschichtenwirkung?): Ehepaar fährt in den feuchten Süden (der dunkle oder schwarze Kontinent) und nach einem einschneidenden Ereignis (hier die Schwindsucht) brütet und schwitzt einer der beiden absehbar erschreckende Abarten aus, der andere leidet - jedenfalls tragische Entfremdung. Diese (Abarten) ruinieren dann die bisherige und geschätzte gesellschaftliche Stellung. Möglicherweise muss zur Steigerung der Dramatik der "unschuldige" Partner sterben.
In der Summe bewirkt es, dass es nach dem Zuschlagen des Buches vorkommt wie ein handwerkliches Übungsstück: Der Autor führt gekonnt vor, wie man unangenehmste Antizipation erzeugt und sie mit jedem Szenenwechsel weiter steigert. Für die Zeit des Lesens hat der Autor mich leicht Beeindruckbare im Griff, danach war ich etwas ermüdet und froh um den Beginn des nächsten Buches.